Dienstag, 25. Oktober 2011

Kinder, Kinder - Kinderstreiche, Kindermund. Heitere Episoden

Die folgende kleine Begebenheit hat mich dazu animiert, aufgrund ihres heiteren Inhalts auch Episoden aus den frühen Kindertagen meiner Töchter und Enkel preiszugeben.

1. Umzug
Die kleine 5-jährige Göre aus der Nachbarschaft mit dunkelblondem Kraushaar, das man versucht, in dicken Zöpfen und meist einem rosa Stirnband (erklärte Hello-Kitty-Anhängerin) zu bändigen, versucht sporadisch immer wieder, den Willen der Eltern zu umgehen, indem sie meinem Mann Peter heimlich Süßigkeiten entlockt, da das Übermaß an derlei Leckereien kraft elterlicher Gewalt untersagt wurde. Da er sich oft und gerne durch den Blick der blauen Kulleraugen zu solchen Untaten oder anderen von Kindern geliebten Dummheiten überreden lässt, hat sich – neben den gut nachbarlichen Beziehungen der Erwachsenen – eine besondere Freundschaft (sozusagen unter Kindern) entwickelt, die die Kleine offenbar versucht, als Druckmittel gegen die Eltern einzusetzen. So geriet sie vor Kurzem mit der Mutter in Streit, suchte das Weite und Trost bei dem Vater, der im Hof werkelte – doch die Konfrontation war auch hier schon vorprogrammiert. Wild betrat sie wieder die Küche und herrschte die Mutter an: "Am besten du packst mir gleich den Koffer, ich ziehe rüber zum Peter".
2. Metamorphose
Meine Älteste, schon im zarten Alter von 2½ Jahren sprachlich voll entwickelt (sie rezitierte vollständig das Gedicht von den Heinzelmännchen), versuchte neben dem Mundwerk auch die Füße in entsprechender Schnelligkeit zu nutzen und so kam es eine Tages, als sie wieder einmal munter plappernd durch die Räume flitzte, zu einem folgenschweren häuslichen Unfall. Sie nahm die Kurve um eine scharfkantige Schrankecke zu eng und stieß sich so kräftig die Stirn, dass ein Riss entstand, der ärztlich versorgt und geklammert werden musste. In der Folge schwoll die Stirn stark und wölbte sich kräftig vor. Der dadurch entstandene Druck muss dem Kind unheimlich vorgekommen sein, denn es fragte mich: "Mammi, werd‘ ich jetzt ‚n Hirsch?"
3. Polyglott
Im Alter von 4 Jahren wurde die Älteste durch die verschiedenen Idiome der deutschen Sprache sozusagen in die Grundbegriffe des Dolmetschens eingeführt. In den "vier Wänden" sprachen wir Hochdeutsch, im Kindergarten gab’s saarländisch, meine Mutter benutzte zum Schimpfen Westerwälder und schließlich sprach man bei den Eltern väterlicherseits thüringisch (was sich meiner Meinung nach vom Klang her nicht sonderlich von sächsisch unterscheidet). Dass sie dabei war, eine "fremde Sprache" zu erlernen, erkannte ich, als sie mir plötzlich mit heller Stimme von "Hose" erzählte und ich verzweifelt zu eruieren versuchte, welche Hose nun gemeint war. Sie erzählte weiter, dass "Hose" Möhren fraß – ach, so: Die thüringische Version von "Hase". Ich erklärte dem Kind, dass man Worte unterschiedlich aussprechen kann, aber zum allgemeinen Verständnis man besser Worte so wie zu Hause "in den vier Wänden" aussprechen sollte.
Eines Tages präsentierte sie dem Opa (aus Stützerbach bei Ilmenau) ihr heißgeliebtes Bilderbuch mit dem markanten Bild eines vielarmigen Kaktus – sog. Kandelaberkaktus – mit der mündlichen Erklärung "das ist ein Kandelaberkaktus". "Wos ist dos," fragte der Opa nach. "Kandelaberkaktus" antwortete meine Tochter geduldig. "Wos?" wurde wieder nachgefragt. "Kondelobergogdus" lautete die Übersetzung. Der Opa lachte "du willst mich wohl verolbern (veralbern)".
(Thüringische Original-Anweisung zur Aussprache des thüringischen Textes: Gesicht entspannen, Unterkiefer vorschieben und dann rausloofen lassen).
4. Zungenschlag
Als bekennende 68-igerin und Verfechterin der nicht-autoritären Erziehung (abgespeckte Form der anti-autoritären Erziehung) vermied ich es, Klapse bei ungehörigem Benehmen des Nachwuches auszuteilen, was die Erziehungsbemühungen oft recht mühselig und anstrengend gestaltete. Meine wilde malefizblonde Jüngste (rote Haare, Stein in der Tasche) hatte sich urplötzlich die unsägliche Angewohnheit zugelegt, jedem Menschen – erwachsen oder auch nicht – wenn es ihr gerade gefiel, die Zunge herauszustrecken. Ermahnungen sind in solchen Fällen fruchtlos. Wie bei der Erziehung junger Hunde muss der Proband erkennen, dass ein solches Verhalten, eigenes Unbehagen verursacht. Gemäß dem Wissen "c’est le ton, qui fait la musique" gebot ich bei der nächsten Gelegenheit mit äußerst strenger Stimme und Gletscherblick "die Zunge bleibt draußen!" "Hä?" Die Zunge fuhr schnell in die Mundhöhle zurück. "Raus mit der Zunge". Wenn so eine menschliche Zunge lechzend außenbords hängt, wird sie trocken und kalt. Man muss Speichel schlucken, sie fährt naturgemäß zurück an ihren Liegeplatz. "Raus mit der Zunge", nun war‘s genug mit der Strafexpedition. Die Kleine begann zu jammern: "Bitte, bitte, darf ich die Zunge drin behalten. Ich streck‘ sie auch nie mehr gegen jemand heraus." Und das war die Wahrheit.
5. Pan Taus Regenschirm
Es hatte geregnet, die Jüngste war, mit einem Regenschirm bewaffnet, auch nach Schulschluss immer noch nicht nach Hause gekommen, ich versuchte, das Essen wenigstens noch etwas warm zu halten, weil die Zeit drängte und ich schon bald wieder in den Dienst musste. Schließlich traf sie ein, laut heulend und schluchzend, in bestem Saarländisch stammelnd: "Mei Au laaft aus", was in der Translation soviel wie "mein Auge läuft aus" bedeutet. Diese düstere Prophezeiung veranlasste mich, die Schädigung des Auges anzusehen, eine kleine Verletzung an der oberen Lidkante ließ auf einen Unfall mit dem Regenschirm schließen, der offenbar mit kräftigem Druck ins Gesicht geflogen war und jetzt ein unangenehmes Gefühl auf dem Auge verursachte. Ich beruhigte mein Kind und fragte, wie die Verletzung entstanden sei. "Ich habe Pan Tau gespielt", gestand sie zerknirscht. Ah ha, schon wieder gegen jedes Verbot von einer Mauer unter Verwendung des Regenschirms gehopst! "Wer nicht hören will, muss fühlen!" hinterließ keinen großen Eindruck, nach kurzer Zeit vernahm ich wieder die quengelnde Stimme: "Mei Au laaft aus!" Ich widersprach, dass dem nicht so sei. Aber für nur kurze Zeit war Ruhe eingekehrt. Nachdem ich zum 5. Male vergeblich mit aller Kraft den Mini-Pan-Tau von der Harmlosigkeit der Lidverletzung zu überzeugen versuchte, verlor ich schließlich die Geduld und behauptete äußerst unwirsch: "Ja, du hast Recht, dein Auge läuft aus, guck in den Spiegel. Die "Königstochter jüngste" trat vor den großen Garderobenspiegel. Totenstille. Schließlich die trockene Bemerkung: "Ist ja gar nicht wahr!"
 6. Engel ohne Flügel
Anlässlich eines Familienfestes bat mich die erste Enkelin (damals dreijährig) in das Badezimmer. "Zuschließen", flüsterte sie. "Warum?" fragte ich. "Weil wir beide Engel sind!". Ich kann mir nicht vorstellen, dass es je so war, und wenn, dann haben wir beide die Flügel verloren. (Vielleicht hatte sie aber damals nicht den Unterschied zwischen Engel und Enkel verstanden).
7. "Verbrecher"

Große Ausflüge mit Enkeln, Hund und Rucksack, waren oft ein viel geliebtes Wochenendvergnügen. Mit dem Jüngsten (damals 4 Jahre) unternahmen wir einmal, zu seiner größten Freude, allein einen Ausflug mit Naturbeobachtungen, Verteilen von Brotkrumen an Haselmäuse und Waten durch Bäche. Auf dem Nachhauseweg sammelte er Stöckchen, die er in kleine Stücke zerbrach. "Guck mal," meinte er und setzte dann ein falsch verstandenes Wort ein, "wie ich alles verbreche, ich bin doch ein richtiger Verbrecher!"
8. Zugfahrt
 Den Vogel schoss bei einer unserer Wanderungen der damals 5-jährige zweitälteste Enkel ab. Vermittels zweier langer Stöcke, die ich rechts und links vorne und er gleichermaßen hinten greifen musste, imitierten wir, auf seinen Wunsch, im Dauerlauf die Stöcke im Wechsel kreisförmig bewegend, die Räder einer Lokomotive. "Oma, renn", brüllte er immer wieder, "der Bahnhof brennt!" Oma, bis heute gut zu Fuß, rannte. "Oma, renn," kam immer wieder die Aufforderung, mit der Zeit immer atemloser. Es ging einen Berg hinauf. "Oma, renn!" Es war nur noch ein Japsen. Schließlich langten wir an dem Gefährt an, das uns wieder nach Hause bringen sollte. Der Kleine warf sich ins Gras. "Gott sei Dank", schnaufte er, "dass wir mit dem Zug gefahren sind. Stell dir vor, wir hätten den ganzen Weg laufen müssen!"
Gifs: Gifmix, Gifparadies, 123Gif

Text: Elke Gelzleichter

5 Kommentare:

  1. Ja Elke, was Kinder so von sich geben ist doch immer wieder herzerfrischend. Danke Dir für diesen unterhaltsamen Post.

    Liebe Grüsse
    Ursula

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  2. Elke Gelzleichter/Pünktchen26. Oktober 2011 um 22:25

    Weil jetzt alle schon ziemlich den Kinderschuhen entwachsen sind (19,16,12 Jahre) muss man die Bonmots schriftlich fixieren, weil sie sonst in Vergessenheit geraten.

    Danke für Deinen netten Kommentar.

    Mit vlG Elke

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  3. Das macht ja nichts Elke, solche Erinnerungen sind doch immer sehr amüsant.

    VlG
    Ursula

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  4. Die kleine Geschichte mit Deinem Enkel hat mich derart gepackt, dass mir gestern Abend ständig die Aufforderung und die zufriedene Feststellung Deines Enkels durch den Kopf ging: "Oma renn, der Bahnhof brennt." Und "Gott sei Dank", schnaufte er, "dass wir mit dem Zug gefahren sind. Stell dir vor, wir hätten den ganzen Weg laufen müssen!"
    Eine Frage drängt sich natürlich auf, und zwar, ob Dein Enkel schon bewusst einen Scherz machen konnte oder ob der Scherz purer Zufall war. Auf jeden Fall ist es eine nette Geschichte, für die ich Dir danke.
    Liebe Grüße
    Wolf-Gero

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  5. Elke Gelzelcihter/Pünktchen28. Oktober 2011 um 18:13

    Lieber Wolf-Gero,

    dieser Scherz war purer Zufall, mein Enkel hatte sich phantasievoll zu in das "Zugfahren" gesteigert, dass von dieser Fahrt überzeugt war.
    Er war die ganzen Jahre eifriger Eragon-Leser, ist aber jetzt ein "da Vinci-Fan" und möchte am liebsten in dessen Fußstapfen treten.
    Schauen wir mal!

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