Montag, 5. Dezember 2011

Lasst uns froh und munter sein – Nikolausgeschichten

Erlebnisse mit und als Nikolaus
Es ist sonderbar, dass gerade die Vorweihnachtszeit spezielle Erinnerungen wachruft, Lustiges, Trauriges, Unheimliches, alles Erlebnisse in der Vorweihnachtszeit, die bis ins Alter hineinreichend, die Empfindungen für jene Zeit prägten. Zum Beispiel jener Jesuiten-Pater, der in „Zivil“ zwischen den Tannenbäumchen und Buden des ersten Weihnachtsmarktes am Ort stand und mich merkwürdig grinsend mit dem Zeigefinger heranzuwinken versuchte. Es beschlich mich damals (ich war 28 Jahre, verheiratet, berufstätige Mutter von zwei Kindern) ein so übles Gefühl, dass ich seit dieser Zeit einen Bogen um diese Märkte mache,  nicht nur wegen des miserablen Glühweins.   
Aber Nikolaus und Knecht Ruprecht,  diese unumstößlichen Institutionen der Kindheit am 6. Dezember, geistern als heitere „Flashlights“ oder „Bonbons“ durch die Erinnerungen.
1949:
Es war ein grauslicher Knecht Ruprecht, die Kapuze so tief in das Gesicht gezogen, dass man es nicht erkennen konnte. Er rasselte mit Ketten und zeigte warnend einen großen Sack mit Geschenken für Brave und als Transportmittel für Böse. Dieser merkwürdige Heilige konnte mich aber nicht erschrecken, nicht nur weil er aus dem Sack eine kleine Tüte mit Gebäck für mich herauszauberte, sondern auch, weil er die Handschuhe meiner Mutter trug!

1950:
Ein baumlanger Nikolaus stand in der Küchentür. Eigenartiger Weise sprach er mit der Stimme des „Onkel Fritz“, des langjährigen Verlobten der Tante meines „Ziehbruders“ und Enkels der Hausbesitzerin, der diesen „Onkel“ auch sofort erkannte und mit den Worten begrüßte: „Nickelos, Nickelos, was willschde dann mit mir, ich hol‘ dich an de Zibbelkapp (übersetzt: Zipfelmütze) und setz dich vor die Dier (übersetzt: Tür)“. Dieses Mal fiel für ihn das Nikolausgeschenk aus.  Der Umstand, dass der Nikolaus im „zivilen“ Leben Emanuel mit Familiennamen hieß, sorgte für einen Heiterkeitserfolg im nahen Bekanntenkreis, dort trat der junge Mann ebenfalls als Nikolaus auf. Er wurde in diesem Fall von dem betreffenden kleinen Jungen mit dem Lied „Sei mir gegrüßt Emanuel“ empfangen, worauf der Nikolaus vor lachen fast geplatzt ist.


1952:
Der junge Ehemann einer älteren Kusine hatte sich erboten, den Nikolaus „zu geben“. Er packte eine Unmenge an Süßigkeiten aus dem Sack, die nachweislich nicht im Budget meiner Eltern lagen. Meine Mutter (die sich nie gerne etwas schenken ließ) jammerte ständig „Nikolaus, das ist zuviel, das hast du sicher woanders hinbringen sollen“. Zu meiner Begeisterung ließ sich aber dieser Nikolaus keineswegs beirren und packte weiter die Herrlichkeiten aus, die ich aber wegen eines kleinen Buches unter den Geschenken fast vergaß: Rosenresli von Johanna Spyri.
1957:
Der Nikolaus kam zu meinem kleinen dreijährigen Bruder. Ich erkannte natürlich meinen Vater, der, ausgestattet mit meinem Regen-Cape und Wattebart, sich nicht weit in das Wohnzimmer vorwagte, schließlich hätte den Kriegsversehrten der Gang mit dem Holzbein verraten. Aber offensichtlich war der Vater aufgeregter als der kleine Bruder; denn er stammelte: „Kannst du auch ein Liedchen beten?“ „Nein“, antwortete der Knirps keck, „aber singen!“
1991:
Zu dem 3-jährigen Neffen sollte der Nikolaus kommen – kurzfristig. Ich stattete meinen Mann mit einem roten Morgenmantel mit Kapuze aus, dicken Winterstiefeln und einem dichten Wattebart aus. Der Kleine war sichtlich entzückt. Alle mussten mit ihm singen, an den Tisch setzen und der Nikolaus musste auch Weihnachtskekse essen. Als der Nikolaus schließlich gehen wollte, fing der Winzling an zu weinen. Nur mit Mühe konnte ihm erklärt werden, dass der Nikolaus auch noch andere Kinder besuchen müsse, die auf ihn warten. Der Nikolaus ging und demaskierte sich in einem Nebenzimmer, das vor der Wohnung lag, und kam als Onkel wieder zurück. Das Kind lächelte ihn an: „Aha, Bart ab?!“
2010:
Meine Kinder und Enkel wurden nie von einem Nikolaus heimgesucht, immer wurden sie am Morgen des 6. Dezember mit Geschenktüten überrascht oder es klingelte bei den Enkeln und die bewussten Tüten hingen an der Tür. In diesem Jahr wartete der 11-jährige Enkel ganz gespannt auf die Türklingel; denn ein großer Mistelzweig hängt über der Haustür, der Nikolaus sollte geküsst werden. Es klingelte, er eilte und öffnete:  Niemand da!
Die Oma ist eben noch flott.
Einen Teller buntes Allerlei und eine Tüte Überraschungen zum Nikolaustag!

2011:
Dieses Jahr wird es mit dem Küssen auch wieder nichts werden. Das Haus wurde umgebaut und jetzt müssen einige Treppen genommen werden, bis die Haustür erreicht werden kann.
Aber vorsichtshalber werde ich mich mit Nikolausmantel und –maske ausstatten. HOHOHOOO!!

2012:

Die Oma ist immer noch schnell - kein Kuss!
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Text: Elke Gelzleichter 2010/2011