Donnerstag, 24. November 2011

Titanias Nachtkonferenz

Titania, die Elfenkönigin
Kein Ort mehr für Märchen – die Wälder


Der geheime Platz

Die klare kalte Nacht zaubert Reif auf die Waldwiese, die ein vollendet gerundeter Mond, der sich einen Hof zugelegt hat, wohlwollend beleuchtet.“ In dieser Nacht,“ sagt er sich, „werden sie nicht tanzen, die Elfen, die Schrate und alle anderen Naturgeister. Sicher wird bei dieser Kälte Titania, die Elfenkönigin, nicht Hof halten“. Aber hier hat er sich geirrt, der gute alte Mond, der auf den blauen Planeten blickt und wie kein anderer den Weltenwandel beobachtet und seit Jahrtausenden Geschlechter kommen und gehen sah.


Titanias kleine Leute


Titania streut Sternenstaub

Titania betritt das Rund, die Kälte beieinträchtigt weder sie noch ihre Schönheit, das geheimnisvolle Funkeln ihrer Krone lässt den weißen Reif auf den Gräsern verhalten funkeln. Noch steht sie aufgerichtet und einsam am Rand des Elfentanzplatzes, doch nur  durch eine leichte Handbewegung sprüht feinpudriger glänzender Sternenstaub als geheimer Ruf an die Kräfte der Natur.  Und nun kriechen sie, gleiten sie, zeigen sie sich:

Mondsplitter im Wellenspiel
Aus allen Bäumen und Gräsern, den Steinen, der Erde, dem Wasser – die Naturgeister: Gnome, Schrate und Dryaden, Elfen, Alben und Kobolde, Feen, Nöcke und Nixen, die ganze Schar der Natur belebenden Geister versammelt sich auf dem verborgenen Elfen-Tanzplatz am Ufer jenes verwunschenen Waldsees, der sich nur denen zeigt, die reinen Herzens sind. Auf seinen sanften Wellen über der heliotropfarbenen Tiefe zersplittert sich das Licht des Mondes, der  Gefallen an dem Wellenspiel findet und noch heller und strahlender sein Licht ergießt zum tollen Wassertanz der Mondsplitter.
Edle Einhörner

Oberon, der Elfenkönig

Titania überblickt die Versammlung: „Noch sind wir nicht vollzählig“, das erste Mal ertönt ihre Stimme, weich und melodisch, „Oberon, mein Gemahl und sein Heer haben sich noch nicht eingefunden.“ „Oberon, Oberon...“ säuselt es aus den Bäumen, flüstern die Steine, plätschern die Wellen, schallt es in den Schluchten, „Oberoon...“.

Puck, Oberons Gehilfe

Kobolde

Der Elfenkönig lässt sich nun nicht mehr lange bitten – mit dem Ertönen seines Hifthorns bricht es aus den Büschen, die kleine streitbare Schar des Oberon inmitten einer Herde der Edelsten, der schneeweißen  Einhörner,  eines den Elfenkönig selbst auf seinem Rücken tragend. Als Jüngling zeigt er sich, der verehrte Elfenfürst, der sich nun tief vor Königin verneigt. „Ihr habt gerufen, meine Königin, was ist euer Begehr?“ Indem Titania den Gemahl an ihre Seite zieht, erhebt sie abermals die Stimme, dieses Mal in voller Stärke:


Hifthorn Oberons

„Meine liebsten Freunde!
Hierher habe ich Euch gerufen an den verschwiegensten Ort der Erde, bisher noch unentdeckt, aber immer näher rücken uns die Motorsägen der Menschen, immer mehr unserer Behausungen werden gefällt, immer tiefere Wunden in die Flanken unserer Mutter Erde geschlagen.

Titania und Oberon (Wikipedia)


Vielen von euch, meine lieben Dryaden, wurden die Wohnungen genommen, Eure Bäume gefällt, vielfach müsst ihr euch nun einen Baum teilen, eure Schutzfähigkeiten verlieren an Kraft, eure Ausgleichsfähigkeit für Saat, Ernte und Ruhe wird dadurch in Frage gestellt.
Eisbären
Die Eisprinzessinnen verlieren immer mehr an Eispalästen, ihre Tiere, die weißen Bären, haben ebenfalls keinen Lebensraum mehr.
Gierige Menschen fällen die Wälder, um Geschäfte zu machen, sei es für Papier, sei es um Plantagen für Palmöl anzulegen, sei es um teure Buntmetalle oder Edelsteine zu schürfen, sei es um riesige Staudämme zu bauen, die sogar den Menschen ihre Wohnungen nimmt. Unsere Mutter stöhnt und weint, sie ist krank und hat ein Fieber, das sogar die Gletscher tauen lässt.
Unzählige Tierherden, Züchtungen, die nur geboren werden, um zu sterben, brauchen Platz für Weiden, dafür nehmen sie uns den Raum.

Erfahrungen mit der Natur

Menschen haben immer unseren Weg begleitet. Sie haben uns in alten Zeiten respektiert und nie mehr genommen als sie wirklich zum Leben brauchten.
Aber dieser Respekt für Euch, für unsere Mutter, für das Leben selbst ist verloren gegangen. Wie wird sich der Mensch des Heute im Schatzhaus des Lebens, im Spiegel der Erkenntnis sehen: Wie der Moloch des blutigen Baal, dem sie einst ihre unschuldigen Kinder opferten. Als Ersatz für diese blutigen Riten, opfern sie täglich  noch unschuldigere, hilflosere Wesen in noch grausameren blutigeren Ritualen. Ihre Mäuler triefen vor Gier nach Blut: dem Blut unserer Mutter Erde, dem Fleisch unschuldiger Tiere, Blutopfer für angebliche Forschung und Wissenschaft.

Oberons Verwandlung

Merkwürdige Lichter

Freunde, Völker der kleinen Leute, Bewohner aller Wesenheiten! Ich fordere
euch auf, lasst uns allem ein Ende setzen!  Zerstört die Frevler! Schützt die, die uns unterstützen, ruft den 10. Planeten, ruft die schwarze Schwester der Sonne! Mein Gemahl und ich werden ein äußeres Zeichen setzen für unseren unwiderruflichen Entschluss!“
Oberon erhebt die Hand wie zum Gruß, doch sie erzeugt ein eigenartiges Licht, allmählich verwandelt sich Titanias goldenes Haar in ein Schwarz, das vom Dunkel der Nacht geschluckt wird, auch Oberons Strahlen weicht der Dunkelheit.

Titanias Verwandlung



Der verwandelte Oberon

Im Volk der kleinen Leute beginnt ein Summen und Raunen, das immer mehr anschwillt und schließlich wie  zu Donnergrollen oder dem Rauschen großer Wasserfälle anschwillt . Das seltsame Leuchten erlischt, Nebel verhüllt den verborgensten Winkel der Erde, nur Junker Reif betritt den Rasengrund und überhaucht alles mit seinem eisigen Atem. Der Mond verbirgt sich hinter einem Wolkenvorhang, so dass ein schwarzes Tuch sich über See, Wald und Wiese gebreitet hat.


Zwei Sonnen

Der junge Morgen sieht zu seinem Erstaunen zwei Sonnen, es scheint, als ob eine sich auf Wanderschaft begibt, sie zieht über den Himmel und nähert sich dem altbekannten Gestirn unseres Sonnensystems – plötzlich sind beide Schwestersonnen miteinander vereint, das Wirken der verborgenen  Sonne beginnt. Nur wenige Menschen haben dieses Phänomen gesehen und nur wenige wissen, was es bedeutet.

Hast du sie  gesehen, die schwarze Schwester der Sonne?


Tief im Wald rieselt eine Quelle an einem verborgenen Ort,
wer aus ihr trinkt, dessen Augen werden licht und froh
und er vermag anderen zu helfen.
Die Quelle aber heißt Liebe.

Aus der rechten Quelle schöpfen
Bildquellen bzw. animierte Gifs, soweit nicht anders bezeichnet, von http://www.animated-gifs.eu, gif-paradies, gifmania, 1,2,3 gifs
Text: Elke Gelzleichter, Nov. 2011

Montag, 7. November 2011

Mary Poppins fährt Bus.

Im Zauber eines kurzen Jahres
Sie hätte mit dem Auto zur Dienststelle fahren können, sie besaß einen Führerschein. Aber sie liebte es, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen, sie lassen es ihrer Meinung nach zu, dass die Menschen aus den Stereotypen des Alltags hinausfallen. Jeden Morgen vielleicht die gleichen Gesichter, aber jeder Morgen zeigt ein anderes Gesicht, am ausgeprägtesten in den Mienen der Menschen: Bekanntschaften wurden geknüpft, kleine Gespräche geführt,  und der Tag begann mit einem Lächeln.
Viele Jugendliche stiegen an den Haltestellen zu, blieben  meistens an Bord bis zur Endstation. Sie blickte oft wie unbeteiligt und verschlossen aus dem Fenster, jedoch die Ohren waren nicht verschlossen, oft war die Hilflosigkeit in der kleinen Gruppe, die sich jeden Morgen einfand, nicht zu überhören; denn ein Rest von Hausaufgaben war immer noch zu erledigen,  niemand zu Hause erübrigte offenbar Zeit für die Fragen eines Kindes.
Sie fand, dass es an der Zeit war, sich einzumischen, sie gab Ratschläge, die dankbar angenommen wurden, erteilte  gelegentlich eine Art Deutschunterricht, indem sie half, Sätze zu formulieren, andere Ausdrucksweisen anzubieten, gewürzt mit kleinen Andekdoten aus der eigenen Schulzeit und gelegentlichen Scherzen. Heiterkeit breitete sich aus: Der Busfahrer genoss es, keine streitenden Jugendlichen, kein Gegröhle. Und auch ihr gerieten die morgendlichen Fahrten meistens zu kurz. Lustig war es in der kleinen Gesellschaft, oft brach sie selbst in perlendes Lachen aus... Es blieb nicht aus, dass der Tag kam, an dem man ihren Vornamen wissen wollte. Sie nannte ihn und fragte nach dem Grund: „Weil es schade ist, dass du nicht unsere Lehrerin bist“, ein wunderbares Kompliment, das aber gleich noch eine Steigerung erfuhr: „Manchmal kommt es uns vor, dass du Mary Poppins bist und wir warten darauf, dass du hochfliegst, wenn du lachst!“

Sie war erschüttert, sie gab doch wenig, aber zugleich erschien es dieser Gruppe jugendlicher Mädchen wie  ein Gruß aus einem Märchenreich... wie bestürzend.
Es blieb noch ein zauberhafter Sommer. Mary Poppins fuhr Bus, gab Rat und lachte in dieser Gruppe heranwachsender junger Damen, die sie in alle ihre Fragen einbezogen -  Freunde, Familie und Schule – bis zum Herbst.
Das Schuljahr war zu Ende, auch für die Mädchengruppe – sie zerstreute sich: Einige begannen eine Lehre, andere wechselten auf eine andere Schule.
Der Zauber, im Rückblick einem Gemälde in Pastellfarben ähnelnd, war verflogen. 
 Aber dennoch war etwas geblieben: Manches Mal, wenn die Art ihres Lachens andere stört, sagt  sie: Lacht lieber mit, es gab eine Zeit, da hat man mich deshalb für Mary Poppins gehalten.










Gifs: Gifmania
Text Elke Gelzleichter, Nov. 2011