Sonntag, 6. Oktober 2013
Vom Moosbären, einem küssenden Baum
Sonntag, 22. September 2013
Die Geschichte vom alten Auto, das grün werden wollte
K
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ennt ihr Herrn Lämmermeier?
Also, Herr Lämmermeier wohnt um die Ecke und besitzt einen riesigen Fuhrpark,
das bedeutet er verfügt über sehr, sehr viele Autos, die in einer Garage von
gewaltigen Ausmaßen untergebracht sind.
Da stehen sie nun dicht nebeneinander, jedes mit einem anderen Aussehen,
von einer anderen Firma hergestellt, manche sogar aus fernen Ländern und alle
schauen sehr hübsch aus und sind daher
sehr, sehr eitel, so dass sie sich mit Vergnügen gegenseitig im auf Hochglanz
polierten Lack und den edlen Metallteilen widerspiegeln. Es gibt richtig alte
Wagen darunter, die besonders gepflegt werden, Herr Lämmermeier nennt sie
„Oldies“ Manchmal, wenn Herr Lämmermeier
Zeit erübrigen kann - und das ist sehr selten - darf eines der Autos mit ihm
hinaus auf die Landstraße, und es kann dann sehen, wie sich alles verändert
hat. Sie sehen es jedes Mal wie schnell sich aus Feldern und Wiesen Wohngebiete
entwickeln, besonders den „Oldies“ gefallen diese Veränderungen nicht, sie
quälen sich auf den langen Asphaltbändern,Straßen genannt, durch die
Häuserschluchten oder auf den Autobahnen. Dieses hohe Tempo liegt ihnen gar
nicht. Darüber klagen sie in der Nacht, wenn alles schläft; denn ein kleiner grüner
Kobold hat ihnen für die langen Nächte die Gabe der Sprache verliehen. Dann
überlegen sie, wie sie üblen Fahrten entrinnen können - vielleicht einfach
stehen bleiben? „Nein“, widerspricht ein betagter „Oldie-Mercedes“ bei einer
dieser Überlegungen, „bloß nicht, sonst werden wir demnächst verschrottet“.
„Verschrottet? Wie schrecklich“...Dieses schlimme, endgültige Schicksal wollte
keines der Autos herausfordern, wobei einige der neueren Fahrzeuge diese
Aussichten eines nahenden Endes nicht für sich in Betracht ziehen; denn sie sind
durch die Ingenieure, die sie ersonnen haben, mit moderneren Techniken
ausgestattet worden, so dass sie weniger Benzin oder Dieselöl verbrauchen. Das
erfüllt sie mit Stolz und sie nennen sich „umweltbewusst“. Etwas scheelen Blickes
wird dagegen jenes Auto angesehen, das zur Fortbewegung Sprit aus Pflanzenöl
benötigt. „Es ist nicht meine Sache“, meint jenes Auto gleichmütig auf die
Vorhaltungen der Anderen in der Nacht, „wenn Menschen ihr eigenes Essen in
meinen Tank stopfen, es ist auch meine Nahrung und ich bewege mich damit, wenn
es gefordert wird“. „Eigentlich bist Du dann nicht wirklich umweltbewusst!“ So
lautet die Schlussfolgerung der übrigen Gesellschaft der Fahrzeuge, dann
flüstern sie von „grünen Autos“, die es demnächst geben würde. „Grün?“ schreckt
ein kleiner, grüner Lastwagen auf, „ich bin grün und schon sehr alt, das ist
nichts Neues. Ich habe schon dem Vater des Herrn Lämmermeier seit seiner
Geschäftsgründung beim Warentransport geholfen...Das ist wirklich nichts Neues“.
„Alterchen“, lacht einer der Neuwagen, „du bist wirklich von gestern, grün
bedeutet, dass es Neuwagen gibt, die regelrecht durch Strom aus der Steckdose
versorgt werden oder andere, die Erdgas an der Tankstelle tanken, manche sind
Mischtypen, bei denen die Möglichkeit besteht, sowohl durch Strom als auch
durch herkömmliche Verbrennungsmotoren angetrieben zu werden. Psst...man
munkelt auch davon, dass es Autos gibt, die mit Wasserstoff, einem geschmack-
und geruchlosen, vollkommen ungiftigen Gas, fahren. Das Tollste dabei ist, dass
alle diese neuen Typen nur 95 mg Kohlenstoffdioxid pro gefahrenem Kilometer
ausstoßen. Dieses Kohlenstoffdioxid, auch kurz als CO² bezeichnet, führt, wie
du sicher auch schon gehört hast – in zu hoher Ansammlung um den Erdball zur
Veränderung des Klimas. Mindestens 30 Automarken haben schon Neuerungen, die
technisch so weit fortgeschritten sind. Es soll sogar welche geben, die nur 79
mg Kohlenstoffdioxid pro gefahrenem Kilometer in die Luft blasen!“ „Ich habe
davon schon gehört“, murmelte der alte grüne Lastwagen, ich frage mich nur, was
Kohlenstoffdioxid eigentlich ist“. „Ach, das weißt Du nicht“, ereiferte sich
ein roter Sportflitzer, der vor Aufregung ständig sein heruntergeschobenes Dach
schloss und wieder öffnete, „das ist auch ein Gas und eigentlich ein
Bestandteil der Luft, die zum Leben gebraucht wird, aber – wie schon gesagt – ein
Zuviel schaffen auch die Wälder nicht mehr, die sonst Co² in Sauerstoff
verwandeln, und dann bildet sich sozusagen „dicke Luft“ um die Erde...“ Der alte grüne Lastwagen scheint immer kleiner zu schrumpfen: „Das habe ich
alles nicht, ach wäre ich doch wirklich grün von innen heraus“.
„Alterchen, das Umrüsten für dich wäre wohl zu teuer“, lacht der rote Sportflitzer lauthals, „warte du still in deiner Ecke. Es werden wohl deine letzten Tage sein.“ Der alte Grüne schweigt nun und er beschließt fest bei sich, alles zu tun, um ein echtes, modernes grünes Auto zu werden und nicht tatenlos in dieser dunklen Ecke auf die letzten Tage zu warten. Nun überprüft er, wieviel Benzin sich noch in seinem Tank befindet und dann setzt der alte LKW seinen Plan in die Tat um. Plötzlich rattert sein Motor, er macht einen Heidenlärm, die Auspuffgase vernebeln die Garage, alle Garagenwagen fallen in diesen Lärm mit ein, obwohl sie gar nicht wissen, worum es geht – alles hupt, brummt, rattert ...bis ...ja bis Herr Lämmermeier, aufgeschreckt durch das Höllenspektakel, eines der Garagentore öffnet. Alle schweigen ganz erschrocken still, nur der alte Grüne rattert und faucht, was das Zeug hält, und obwohl Herr Lämmermeier nach allen Kräften versucht, das Auto zum Schweigen zu bringen, nichts hilft. „Ich werde ihn wohl zu meinem alten Herrn bringen müssen“, denkt sich Herr Lämmermeier, es ist ja eigentlich sein Wagen. Er kennt sich sicher besser aus als ich.“
Den
Gedanken folgt die Tat und bald wird der alte Grüne durch die Straßen des
Stadtrandgebietes gelenkt, hinaus in eine ländliche Gegend, wo Fuchs und Hase
sich gute Nacht sagen. Das alte Auto kennt die Gegend und freut sich riesig,
wie oft hatte es diese Wiesen und Wälder passiert mit einer Ladung von Früchten
und Gemüsen an Bord, um sie in die Geschäfte der Stadt zu karren. Schließlich wird
ein hübsches kleines Haus erreicht, heute würde man es Cottage nennen, das fast
verborgen hinter Taxushecken und wilden Rosen liegt, hinter denen sich die
Weite eines großen Gartens erschließt mit Beerenhecken- und –sträuchern und
unzähligen knorrigen, alten Obstbäumen. Ebenso knorrig wie einer der alten
Obstäume tritt ein alter Mann vor die Haustüre des kleinen Landhauses. Er
benutzt zwar einen Stock als Gehhilfe, aber seine Augen blitzen noch hell. Dass
sein Sohn ihn nach so langer Zeit und dann so früh am Morgen wieder einmal
besucht, wundert ihn jedoch sehr und er gibt seinem Erstaunen darüber Ausdruck,
auch angesichts der Tatsache, dass sein geschäftiger Herr Sohn, ausgerechnet
mit dem ältesten Auto des Fuhrparks durch die Gegend gereist ist. „Tja“, Herr
Lämmermeier junior kratzt sich am Kopf, „ich weiß nicht, was los war. Nun steht
er ganz ruhig hier, aber in der Nacht war der Lärm in der Garage nicht zum
Aushalten, vielleicht, weißt Du ja, was ihm fehlt, Paps!?“ „Dann hilf mir mal,
hinein. Sohnemann. Du weißt ja, so behend, will sagen beweglich, bin ich nicht
mehr“. Als der alte Herr nun in dem alten Grünen sitzt und versucht, ihn in Gang
zu bringen, tut dieser keinen Mucks mehr und springt und springt nicht mehr an.
Obwohl noch genügend Benzin vorhanden ist, auch die „Kerze“ gereinigt wird,
nichts hilft. „Ach“, meint der alte Herr
Lämmermeier, „lass ihn einfach hier stehen. Heute kommen wieder zwei junge
Leute zu mir, die wissen vielleicht eher Rat. Sie sind so von der Natur und dem
Garten so begeistert, dass sie gerne hier
werkeln und mir immer ein bisschen zur Hand gehen. Dafür können sie
soviel Obst und Gemüse nehmen, wie sie möchten; denn ich weiß, dass sie auch
Bedürftige, besonders Kinder, damit unterstützen. Du kannst ja deinen Fahrer
bitten, dass er dich später abholt und vielleicht machst du heute auch ein paar
Stunden Pause vom Alltagsstress, hier vor dem Haus, auf der alten Bank ...vielleicht
mit einer kräftigen Gemüsesuppe zu Mittag, wie in Deiner Kindheit.“ Der alte
Herr legt dem Sohn die Hand auf die Schulter. Dieser hat schon längst
beschlossen, diesen Tag hier draußen zu verbringen, bei dem Vater und in der
Natur und blickt versonnen in die Rosen mit den summenden Insekten. – Später kommen
sie, die jungen Leute, auf ihren Rädern, die sie als Fortbewegungsmittel
bevorzugen und befassen sich gleich mit dem alten grünen Auto, das ihnen sehr
gefällt, aber nicht als Fortbewegungsmittel. „Wir wollen ein echtes grünes Auto
daraus machen“, lachen sie. Herr Lämmermeier junior runzelt die Stirn: “Umrüsten?
Das wird zu teuer!“ „Nein, wir wollen es besonders umgestalten, nur zum Fahren
kann es dann nicht mehr benutzt werden....“ Da lächelt der alte Herr Lämmermeier: “Ich glaube das
würde dem alten, treuen Gesellen sehr gut gefallen.“ Und so geschieht es auch.
–
Ein paar Tage später:
Der alte grüne Lastwagen verlor zwar seinen Motor, aber überall – ob auf der Ladefläche, auf dem Dach, auf der Kühlerhaube, hinter der Stoßstange, an den Türen - waren Jutetaschen auf- und angebracht worden, bepflanzt mit roten, gelbem und buntem Mauerpfeffer, mit ungezählten Arten von Dach- und Hauswurz, all jenen Pflanzen, die sehr wenig Wasser verbrauchen, um sich zu vermehren. Ja, das war ganz nach dem Geschmack des alten Grünen, echtes Grün – nicht nur in der Farbe, sondern ganz umweltbewusst, ganz in die Natur eingebunden. Das alte Haus erhielt nun auch einen Namen: „Zum grünen Auto“, und vielleicht kommt ihr einmal daran vorbei auf euren Ausflügen und Wanderungen – ihr müsst nur die Augen offen halten.
Übrigens man kann es auch nur sehen, wenn man zu Fuß geht oder mit dem Rad fährt, weil es mittlerweile ganz zugewachsen ist ...
© Elke Gelzleichter 26.06.13, c/o www.kreativhimmel.de www.wolf-amarok.de
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