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Sonntag, 22. September 2013
Die Geschichte vom alten Auto, das grün werden wollte
ennt ihr Herrn Lämmermeier?
Also, Herr Lämmermeier wohnt um die Ecke und besitzt einen riesigen Fuhrpark,
das bedeutet er verfügt über sehr, sehr viele Autos, die in einer Garage von
gewaltigen Ausmaßen untergebracht sind.
Da stehen sie nun dicht nebeneinander, jedes mit einem anderen Aussehen, von einer anderen Firma hergestellt, manche sogar aus fernen Ländern und alle schauen sehr hübsch aus und sind daher sehr, sehr eitel, so dass sie sich mit Vergnügen gegenseitig im auf Hochglanz polierten Lack und den edlen Metallteilen widerspiegeln. Es gibt richtig alte Wagen darunter, die besonders gepflegt werden, Herr Lämmermeier nennt sie „Oldies“ Manchmal, wenn Herr Lämmermeier Zeit erübrigen kann - und das ist sehr selten - darf eines der Autos mit ihm hinaus auf die Landstraße, und es kann dann sehen, wie sich alles verändert hat. Sie sehen es jedes Mal wie schnell sich aus Feldern und Wiesen Wohngebiete entwickeln, besonders den „Oldies“ gefallen diese Veränderungen nicht, sie quälen sich auf den langen Asphaltbändern,Straßen genannt, durch die Häuserschluchten oder auf den Autobahnen. Dieses hohe Tempo liegt ihnen gar nicht. Darüber klagen sie in der Nacht, wenn alles schläft; denn ein kleiner grüner Kobold hat ihnen für die langen Nächte die Gabe der Sprache verliehen. Dann überlegen sie, wie sie üblen Fahrten entrinnen können - vielleicht einfach stehen bleiben? „Nein“, widerspricht ein betagter „Oldie-Mercedes“ bei einer dieser Überlegungen, „bloß nicht, sonst werden wir demnächst verschrottet“. „Verschrottet? Wie schrecklich“...Dieses schlimme, endgültige Schicksal wollte keines der Autos herausfordern, wobei einige der neueren Fahrzeuge diese Aussichten eines nahenden Endes nicht für sich in Betracht ziehen; denn sie sind durch die Ingenieure, die sie ersonnen haben, mit moderneren Techniken ausgestattet worden, so dass sie weniger Benzin oder Dieselöl verbrauchen. Das erfüllt sie mit Stolz und sie nennen sich „umweltbewusst“. Etwas scheelen Blickes wird dagegen jenes Auto angesehen, das zur Fortbewegung Sprit aus Pflanzenöl benötigt. „Es ist nicht meine Sache“, meint jenes Auto gleichmütig auf die Vorhaltungen der Anderen in der Nacht, „wenn Menschen ihr eigenes Essen in meinen Tank stopfen, es ist auch meine Nahrung und ich bewege mich damit, wenn es gefordert wird“. „Eigentlich bist Du dann nicht wirklich umweltbewusst!“ So lautet die Schlussfolgerung der übrigen Gesellschaft der Fahrzeuge, dann flüstern sie von „grünen Autos“, die es demnächst geben würde. „Grün?“ schreckt ein kleiner, grüner Lastwagen auf, „ich bin grün und schon sehr alt, das ist nichts Neues. Ich habe schon dem Vater des Herrn Lämmermeier seit seiner Geschäftsgründung beim Warentransport geholfen...Das ist wirklich nichts Neues“. „Alterchen“, lacht einer der Neuwagen, „du bist wirklich von gestern, grün bedeutet, dass es Neuwagen gibt, die regelrecht durch Strom aus der Steckdose versorgt werden oder andere, die Erdgas an der Tankstelle tanken, manche sind Mischtypen, bei denen die Möglichkeit besteht, sowohl durch Strom als auch durch herkömmliche Verbrennungsmotoren angetrieben zu werden. Psst...man munkelt auch davon, dass es Autos gibt, die mit Wasserstoff, einem geschmack- und geruchlosen, vollkommen ungiftigen Gas, fahren. Das Tollste dabei ist, dass alle diese neuen Typen nur 95 mg Kohlenstoffdioxid pro gefahrenem Kilometer ausstoßen. Dieses Kohlenstoffdioxid, auch kurz als CO² bezeichnet, führt, wie du sicher auch schon gehört hast – in zu hoher Ansammlung um den Erdball zur Veränderung des Klimas. Mindestens 30 Automarken haben schon Neuerungen, die technisch so weit fortgeschritten sind. Es soll sogar welche geben, die nur 79 mg Kohlenstoffdioxid pro gefahrenem Kilometer in die Luft blasen!“ „Ich habe davon schon gehört“, murmelte der alte grüne Lastwagen, ich frage mich nur, was Kohlenstoffdioxid eigentlich ist“. „Ach, das weißt Du nicht“, ereiferte sich ein roter Sportflitzer, der vor Aufregung ständig sein heruntergeschobenes Dach schloss und wieder öffnete, „das ist auch ein Gas und eigentlich ein Bestandteil der Luft, die zum Leben gebraucht wird, aber – wie schon gesagt – ein Zuviel schaffen auch die Wälder nicht mehr, die sonst Co² in Sauerstoff verwandeln, und dann bildet sich sozusagen „dicke Luft“ um die Erde...“ Der alte grüne Lastwagen scheint immer kleiner zu schrumpfen: „Das habe ich alles nicht, ach wäre ich doch wirklich grün von innen heraus“.
Den
Gedanken folgt die Tat und bald wird der alte Grüne durch die Straßen des
Stadtrandgebietes gelenkt, hinaus in eine ländliche Gegend, wo Fuchs und Hase
sich gute Nacht sagen. Das alte Auto kennt die Gegend und freut sich riesig,
wie oft hatte es diese Wiesen und Wälder passiert mit einer Ladung von Früchten
und Gemüsen an Bord, um sie in die Geschäfte der Stadt zu karren. Schließlich wird
ein hübsches kleines Haus erreicht, heute würde man es Cottage nennen, das fast
verborgen hinter Taxushecken und wilden Rosen liegt, hinter denen sich die
Weite eines großen Gartens erschließt mit Beerenhecken- und –sträuchern und
unzähligen knorrigen, alten Obstbäumen. Ebenso knorrig wie einer der alten
Obstäume tritt ein alter Mann vor die Haustüre des kleinen Landhauses. Er
benutzt zwar einen Stock als Gehhilfe, aber seine Augen blitzen noch hell. Dass
sein Sohn ihn nach so langer Zeit und dann so früh am Morgen wieder einmal
besucht, wundert ihn jedoch sehr und er gibt seinem Erstaunen darüber Ausdruck,
auch angesichts der Tatsache, dass sein geschäftiger Herr Sohn, ausgerechnet
mit dem ältesten Auto des Fuhrparks durch die Gegend gereist ist. „Tja“, Herr
Lämmermeier junior kratzt sich am Kopf, „ich weiß nicht, was los war. Nun steht
er ganz ruhig hier, aber in der Nacht war der Lärm in der Garage nicht zum
Aushalten, vielleicht, weißt Du ja, was ihm fehlt, Paps!?“ „Dann hilf mir mal,
hinein. Sohnemann. Du weißt ja, so behend, will sagen beweglich, bin ich nicht
mehr“. Als der alte Herr nun in dem alten Grünen sitzt und versucht, ihn in Gang
zu bringen, tut dieser keinen Mucks mehr und springt und springt nicht mehr an.
Obwohl noch genügend Benzin vorhanden ist, auch die „Kerze“ gereinigt wird,
nichts hilft. „Ach“, meint der alte Herr
Lämmermeier, „lass ihn einfach hier stehen. Heute kommen wieder zwei junge
Leute zu mir, die wissen vielleicht eher Rat. Sie sind so von der Natur und dem
Garten so begeistert, dass sie gerne hier
werkeln und mir immer ein bisschen zur Hand gehen. Dafür können sie
soviel Obst und Gemüse nehmen, wie sie möchten; denn ich weiß, dass sie auch
Bedürftige, besonders Kinder, damit unterstützen. Du kannst ja deinen Fahrer
bitten, dass er dich später abholt und vielleicht machst du heute auch ein paar
Stunden Pause vom Alltagsstress, hier vor dem Haus, auf der alten Bank ...vielleicht
mit einer kräftigen Gemüsesuppe zu Mittag, wie in Deiner Kindheit.“ Der alte
Herr legt dem Sohn die Hand auf die Schulter. Dieser hat schon längst
beschlossen, diesen Tag hier draußen zu verbringen, bei dem Vater und in der
Natur und blickt versonnen in die Rosen mit den summenden Insekten. – Später kommen
sie, die jungen Leute, auf ihren Rädern, die sie als Fortbewegungsmittel
bevorzugen und befassen sich gleich mit dem alten grünen Auto, das ihnen sehr
gefällt, aber nicht als Fortbewegungsmittel. „Wir wollen ein echtes grünes Auto
daraus machen“, lachen sie. Herr Lämmermeier junior runzelt die Stirn: “Umrüsten?
Das wird zu teuer!“ „Nein, wir wollen es besonders umgestalten, nur zum Fahren
kann es dann nicht mehr benutzt werden....“ Da lächelt der alte Herr Lämmermeier: “Ich glaube das
würde dem alten, treuen Gesellen sehr gut gefallen.“ Und so geschieht es auch.
–
Ein paar Tage später:
Freitag, 9. März 2012
Osterwasser
Da steht es im alten Bücherschrank, das ebenso alte Buch mit Geschichten, die den Kindern früherer Zeiten Moral und gute Sitten vermitteln sollten. Darin ist sie zu lesen, die Geschichte über den alten Brauch des „Osterwasserholens“.Doch nicht diese Basis der Handlung, ist von Interesse, sondern der in ihrem Rahmen beschriebene alte Brauch des Osterwassers.
Stumm sollte man gehen zur mitternächtlichen Stunde in der Auferstehungsnacht Christi, in der Nacht zum Ostermorgen – schweigend. Stumm den Weg zur murmeln Quelle wandern, ihr Reden in die eigene Wortlosigkeit dringen lassen; denn in dieser Nacht sind die Wässer geheiligt, gesegnet mit einer besonderen Kraft.
Dann, in einer Osternacht vor 16 Jahren: Wild entschlossen, auch diesen Brauch einmal zu praktizieren und – ich gestehe es – auf seine Wirksamkeit zu testen, hatte ich meine „bessere Häfte“ bewogen, sich mit mir auf dieses „Abenteuer“ einzulassen. Aber stumm und ohne Worte? Da hatte ich bei ihm meine begründeten Bedenken...und so kam, was kommen musste: Der weite Weg zur einzigen Quelle, die einigermaßen sicher auch noch in der Dunkelheit zu finden war, zur Karlsbergquelle, führte über einige sonst sehr belebte Straßen und musste mit dem Auto bewältigt werden. So wurde die Wanderung zum Osterwasser vermittels dieses Benzingefährtes begonnen. Aber, es schien ein seltsamer Zauber dieser Nacht inne zu wohnen:
Der Angetraute verwandelte sich auf eigenartige Weise in Mr. Bean, der zwar nicht redete, aber durch beredte Handlungen versuchte, meine ungewohnte Wortlosigkeit zu durchbrechen. Mr. Bean hielt an jeder Straßenkreuzung, stieg aus dem Auto – schaute links, schaute rechts – um mit seinem spezifischen Gang wieder den fahrbaren Untersatz zu besteigen und die Fahrt fortzusetzen, nicht ohne weitere Bemühungen durch Bean’sche Eigenartigen, mich, die Beifahrerin, zum Lachen zu reizen – jedoch ergebnislos - unerschütterlich meine Selbstkasteiung und Selbstbeherrschung...
Der Angetraute verwandelte sich auf eigenartige Weise in Mr. Bean, der zwar nicht redete, aber durch beredte Handlungen versuchte, meine ungewohnte Wortlosigkeit zu durchbrechen. Mr. Bean hielt an jeder Straßenkreuzung, stieg aus dem Auto – schaute links, schaute rechts – um mit seinem spezifischen Gang wieder den fahrbaren Untersatz zu besteigen und die Fahrt fortzusetzen, nicht ohne weitere Bemühungen durch Bean’sche Eigenartigen, mich, die Beifahrerin, zum Lachen zu reizen – jedoch ergebnislos - unerschütterlich meine Selbstkasteiung und Selbstbeherrschung...
Endlich war der Wald erreicht, das Auto am ehemaligen Baumagazin des verblichenen Feenschlosses auf dem Karlsberg geparkt und schon war der Geist von Mr. Bean verschwunden ...
Es hatte am Tage geregnet und im diffusen Restlicht der Nacht tasteten sich unsere Schritte den Berg hinan. Der dünne Strahl der Taschenlampe glitt die Baumstämme entlang, zwischen denen sich Fetzen dünner Nebelstreifen verhakten, es knirschte unter den Schuhen, vermischt mit einem gelegentlichen Knacken kleiner Zweige und dem monotonen Tropfen der letzten, von den Blättern herabrinnenden Rinnsale. Süße schwere und junge Düfte in der von Feuchtigkeit gesättigten Luft. Der Weiher glänzte matt in der Waldeslichtung, blind sein Spiegel in der Dunkelheit, der Strahl der Fontäne durchschnitt ungestüm und zu laut, gleich schwatzenden Kirchgängern am Sonntagmorgen, das Würdige und Weihevolle der Nacht, das leise Murmeln der Quelle übertönend.
Glucksend füllte das Quellwasser die beiden mitgebrachten Wasserflaschen, der Rückweg konnte angetreten werden, doch die Sekunden sagten: „Verweilt noch ein bisschen, es werden noch viele Nächte kommen, aber diese Nacht kehrt niemals wieder“. Abermals stummes Verweilen, Schauen ...
Auf dem Weg der friedvollen Wanderung zurück hatten sich die Wolken verzogen – ein einzelner Stern blinzelte zwischen den Baumkronen...
Ob das Osterwasser etwas bewirkt hat? Ich weiß es nicht – das Jahr verlief im gleichen Auf und Ab wie alle anderen davor und danach. Mit dem Wasser einer Flasche war der Gartenteich „gesegnet“ worden, der in folgenden Jahren den herrlichsten Libellen, Fröschen und Molchen eine üppige Heimat bot – Zufall?
Dienstag, 7. Februar 2012
Komm unter meine Decke – eine Fledermausgeschichte
Über 200 Jahre war es alt, das Haus, in dem ich damals wohnte,
in dem sich viele merkwürdige Dinge ereigneten,
in dem es vielleicht sogar spukte...
Aber die merkwürdigste Begebenheit ereignete sich in einer Oktobernacht vor vielen, vielen Jahren:
Als die Herbststürme in den Nächten begannen, über das Land zu brausen, schaltete der Wald hinter dem alten Ort auf den Hügeln seine Orgel ein. Wie liebte ich es, mit diesen gewaltigen Melodien einzuschlafen, das Fenster geöffnet, vor dem sich die Gardinen blähten. Mondlicht wanderte den Wänden und den weiß gelackten Türen des Schrankes entlang und spielte mit den bizarren Schattenrissen der Gartenbäume. Ein Kaleidoskop bewegter Bilder, in das Märchenland der Fantasie und der Träume geleitend.
Im Reich der Träume spürte ich ein zartes Streicheln der Wirbelsäule entlang; denn unter meiner warmen Decke bedurfte ich keiner Bekleidung, zarte Berührungen stiegen den Rücken hinauf und hinab. Zunächst verstand ich dies als Zärtlichkeiten meines Mannes, doch er lag abgewandt mit dem Rücken zu mir....Rätsel? Was war die Ursache dieser Berührungen unter der Decke? Das etwas stieg jetzt weiter den Rücken hinauf gelangte ins Genick...Was war das?
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Bartfledermaus |
Nun war ich vollends aufgeschreckt ...es kroch weiter hinauf ....war in den Haaren...ich fühlte danach...etwas Weiches, Wolliges ...ein Vogel? Der Versuch, das Etwas aus den Haaren zu nehmen scheiterte...es schien tiefer hineinzukriechen....etwa eine Maus....aber doch nicht in meinen Haaren...immer noch das Weiche, Wollige, Krabbelnde in meinen Haaren...ein Grauen...das war zuviel...
Mit schrecklichen Schreien sprang ich aus dem Bett, die Haare raufend...Mein Mann fuhr ebenfalls voller Schrecken auf, das Licht einschaltend...
Auch das Etwas in meinen Haaren war erschrocken, der Platz in meinen Haaren gefiel ihm nicht mehr, es flog mit einem hohen Ton durch das geöffnete Fenster in die Nacht...
Eine fliegende Maus?...eine Fledermaus!
Man weiß von vielerlei Möglichkeiten, die sich Fledermäuse für ein Winterquartier aussuchen: Dachböden alter Häuser, Mauerspalten, Kirchen. Der Versuch der Usurpation eines Bettes dürfte dabei aber einmalig sein!
Text: Elke Gelzleichter Febrzar 2012
Montag, 5. Dezember 2011
Lasst uns froh und munter sein – Nikolausgeschichten
Erlebnisse mit und als Nikolaus
Es ist sonderbar, dass gerade die Vorweihnachtszeit spezielle Erinnerungen wachruft, Lustiges, Trauriges, Unheimliches, alles Erlebnisse in der Vorweihnachtszeit, die bis ins Alter hineinreichend, die Empfindungen für jene Zeit prägten. Zum Beispiel jener Jesuiten-Pater, der in „Zivil“ zwischen den Tannenbäumchen und Buden des ersten Weihnachtsmarktes am Ort stand und mich merkwürdig grinsend mit dem Zeigefinger heranzuwinken versuchte. Es beschlich mich damals (ich war 28 Jahre, verheiratet, berufstätige Mutter von zwei Kindern) ein so übles Gefühl, dass ich seit dieser Zeit einen Bogen um diese Märkte mache, nicht nur wegen des miserablen Glühweins.
Aber Nikolaus und Knecht Ruprecht, diese unumstößlichen Institutionen der Kindheit am 6. Dezember, geistern als heitere „Flashlights“ oder „Bonbons“ durch die Erinnerungen.
1949:
Es war ein grauslicher Knecht Ruprecht, die Kapuze so tief in das Gesicht gezogen, dass man es nicht erkennen konnte. Er rasselte mit Ketten und zeigte warnend einen großen Sack mit Geschenken für Brave und als Transportmittel für Böse. Dieser merkwürdige Heilige konnte mich aber nicht erschrecken, nicht nur weil er aus dem Sack eine kleine Tüte mit Gebäck für mich herauszauberte, sondern auch, weil er die Handschuhe meiner Mutter trug!
1950:
Ein baumlanger Nikolaus stand in der Küchentür. Eigenartiger Weise sprach er mit der Stimme des „Onkel Fritz“, des langjährigen Verlobten der Tante meines „Ziehbruders“ und Enkels der Hausbesitzerin, der diesen „Onkel“ auch sofort erkannte und mit den Worten begrüßte: „Nickelos, Nickelos, was willschde dann mit mir, ich hol‘ dich an de Zibbelkapp (übersetzt: Zipfelmütze) und setz dich vor die Dier (übersetzt: Tür)“. Dieses Mal fiel für ihn das Nikolausgeschenk aus. Der Umstand, dass der Nikolaus im „zivilen“ Leben Emanuel mit Familiennamen hieß, sorgte für einen Heiterkeitserfolg im nahen Bekanntenkreis, dort trat der junge Mann ebenfalls als Nikolaus auf. Er wurde in diesem Fall von dem betreffenden kleinen Jungen mit dem Lied „Sei mir gegrüßt Emanuel“ empfangen, worauf der Nikolaus vor lachen fast geplatzt ist.
1952:
Der junge Ehemann einer älteren Kusine hatte sich erboten, den Nikolaus „zu geben“. Er packte eine Unmenge an Süßigkeiten aus dem Sack, die nachweislich nicht im Budget meiner Eltern lagen. Meine Mutter (die sich nie gerne etwas schenken ließ) jammerte ständig „Nikolaus, das ist zuviel, das hast du sicher woanders hinbringen sollen“. Zu meiner Begeisterung ließ sich aber dieser Nikolaus keineswegs beirren und packte weiter die Herrlichkeiten aus, die ich aber wegen eines kleinen Buches unter den Geschenken fast vergaß: Rosenresli von Johanna Spyri.
1957:
Der Nikolaus kam zu meinem kleinen dreijährigen Bruder. Ich erkannte natürlich meinen Vater, der, ausgestattet mit meinem Regen-Cape und Wattebart, sich nicht weit in das Wohnzimmer vorwagte, schließlich hätte den Kriegsversehrten der Gang mit dem Holzbein verraten. Aber offensichtlich war der Vater aufgeregter als der kleine Bruder; denn er stammelte: „Kannst du auch ein Liedchen beten?“ „Nein“, antwortete der Knirps keck, „aber singen!“
1991:
Zu dem 3-jährigen Neffen sollte der Nikolaus kommen – kurzfristig. Ich stattete meinen Mann mit einem roten Morgenmantel mit Kapuze aus, dicken Winterstiefeln und einem dichten Wattebart aus. Der Kleine war sichtlich entzückt. Alle mussten mit ihm singen, an den Tisch setzen und der Nikolaus musste auch Weihnachtskekse essen. Als der Nikolaus schließlich gehen wollte, fing der Winzling an zu weinen. Nur mit Mühe konnte ihm erklärt werden, dass der Nikolaus auch noch andere Kinder besuchen müsse, die auf ihn warten. Der Nikolaus ging und demaskierte sich in einem Nebenzimmer, das vor der Wohnung lag, und kam als Onkel wieder zurück. Das Kind lächelte ihn an: „Aha, Bart ab?!“
2010:
Meine Kinder und Enkel wurden nie von einem Nikolaus heimgesucht, immer wurden sie am Morgen des 6. Dezember mit Geschenktüten überrascht oder es klingelte bei den Enkeln und die bewussten Tüten hingen an der Tür. In diesem Jahr wartete der 11-jährige Enkel ganz gespannt auf die Türklingel; denn ein großer Mistelzweig hängt über der Haustür, der Nikolaus sollte geküsst werden. Es klingelte, er eilte und öffnete: Niemand da!
Die Oma ist eben noch flott.
Einen Teller buntes Allerlei und eine Tüte Überraschungen zum Nikolaustag!
2011:
Dieses Jahr wird es mit dem Küssen auch wieder nichts werden. Das Haus wurde umgebaut und jetzt müssen einige Treppen genommen werden, bis die Haustür erreicht werden kann.
Aber vorsichtshalber werde ich mich mit Nikolausmantel und –maske ausstatten. HOHOHOOO!!
2012:
Die Oma ist immer noch schnell - kein Kuss!
Gifs: Gifmania, 1,2,3gifs, Gifparadies, Gifmix2012:
Die Oma ist immer noch schnell - kein Kuss!
Text: Elke Gelzleichter 2010/2011
Donnerstag, 24. November 2011
Titanias Nachtkonferenz
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Titania, die Elfenkönigin |
Kein Ort mehr für Märchen – die Wälder
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Der geheime Platz |
Die klare kalte Nacht zaubert Reif auf die Waldwiese, die ein vollendet gerundeter Mond, der sich einen Hof zugelegt hat, wohlwollend beleuchtet.“ In dieser Nacht,“ sagt er sich, „werden sie nicht tanzen, die Elfen, die Schrate und alle anderen Naturgeister. Sicher wird bei dieser Kälte Titania, die Elfenkönigin, nicht Hof halten“. Aber hier hat er sich geirrt, der gute alte Mond, der auf den blauen Planeten blickt und wie kein anderer den Weltenwandel beobachtet und seit Jahrtausenden Geschlechter kommen und gehen sah.
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Titanias kleine Leute |
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Titania streut Sternenstaub |
Titania betritt das Rund, die Kälte beieinträchtigt weder sie noch ihre Schönheit, das geheimnisvolle Funkeln ihrer Krone lässt den weißen Reif auf den Gräsern verhalten funkeln. Noch steht sie aufgerichtet und einsam am Rand des Elfentanzplatzes, doch nur durch eine leichte Handbewegung sprüht feinpudriger glänzender Sternenstaub als geheimer Ruf an die Kräfte der Natur. Und nun kriechen sie, gleiten sie, zeigen sie sich:
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Mondsplitter im Wellenspiel |
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Edle Einhörner |
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Oberon, der Elfenkönig |
Titania überblickt die Versammlung: „Noch sind wir nicht vollzählig“, das erste Mal ertönt ihre Stimme, weich und melodisch, „Oberon, mein Gemahl und sein Heer haben sich noch nicht eingefunden.“ „Oberon, Oberon...“ säuselt es aus den Bäumen, flüstern die Steine, plätschern die Wellen, schallt es in den Schluchten, „Oberoon...“.
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Puck, Oberons Gehilfe |
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Kobolde |
Der Elfenkönig lässt sich nun nicht mehr lange bitten – mit dem Ertönen seines Hifthorns bricht es aus den Büschen, die kleine streitbare Schar des Oberon inmitten einer Herde der Edelsten, der schneeweißen Einhörner, eines den Elfenkönig selbst auf seinem Rücken tragend. Als Jüngling zeigt er sich, der verehrte Elfenfürst, der sich nun tief vor Königin verneigt. „Ihr habt gerufen, meine Königin, was ist euer Begehr?“ Indem Titania den Gemahl an ihre Seite zieht, erhebt sie abermals die Stimme, dieses Mal in voller Stärke:
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Hifthorn Oberons |
„Meine liebsten Freunde!
Hierher habe ich Euch gerufen an den verschwiegensten Ort der Erde, bisher noch unentdeckt, aber immer näher rücken uns die Motorsägen der Menschen, immer mehr unserer Behausungen werden gefällt, immer tiefere Wunden in die Flanken unserer Mutter Erde geschlagen.
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Titania und Oberon (Wikipedia) |
Vielen von euch, meine lieben Dryaden, wurden die Wohnungen genommen, Eure Bäume gefällt, vielfach müsst ihr euch nun einen Baum teilen, eure Schutzfähigkeiten verlieren an Kraft, eure Ausgleichsfähigkeit für Saat, Ernte und Ruhe wird dadurch in Frage gestellt.
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Eisbären |
Die Eisprinzessinnen verlieren immer mehr an Eispalästen, ihre Tiere, die weißen Bären, haben ebenfalls keinen Lebensraum mehr.
Gierige Menschen fällen die Wälder, um Geschäfte zu machen, sei es für Papier, sei es um Plantagen für Palmöl anzulegen, sei es um teure Buntmetalle oder Edelsteine zu schürfen, sei es um riesige Staudämme zu bauen, die sogar den Menschen ihre Wohnungen nimmt. Unsere Mutter stöhnt und weint, sie ist krank und hat ein Fieber, das sogar die Gletscher tauen lässt.
Unzählige Tierherden, Züchtungen, die nur geboren werden, um zu sterben, brauchen Platz für Weiden, dafür nehmen sie uns den Raum.
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Erfahrungen mit der Natur |
Menschen haben immer unseren Weg begleitet. Sie haben uns in alten Zeiten respektiert und nie mehr genommen als sie wirklich zum Leben brauchten.
Aber dieser Respekt für Euch, für unsere Mutter, für das Leben selbst ist verloren gegangen. Wie wird sich der Mensch des Heute im Schatzhaus des Lebens, im Spiegel der Erkenntnis sehen: Wie der Moloch des blutigen Baal, dem sie einst ihre unschuldigen Kinder opferten. Als Ersatz für diese blutigen Riten, opfern sie täglich noch unschuldigere, hilflosere Wesen in noch grausameren blutigeren Ritualen. Ihre Mäuler triefen vor Gier nach Blut: dem Blut unserer Mutter Erde, dem Fleisch unschuldiger Tiere, Blutopfer für angebliche Forschung und Wissenschaft.
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Oberons Verwandlung |
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Merkwürdige Lichter |
Freunde, Völker der kleinen Leute, Bewohner aller Wesenheiten! Ich fordere
euch auf, lasst uns allem ein Ende setzen! Zerstört die Frevler! Schützt die, die uns unterstützen, ruft den 10. Planeten, ruft die schwarze Schwester der Sonne! Mein Gemahl und ich werden ein äußeres Zeichen setzen für unseren unwiderruflichen Entschluss!“
Oberon erhebt die Hand wie zum Gruß, doch sie erzeugt ein eigenartiges Licht, allmählich verwandelt sich Titanias goldenes Haar in ein Schwarz, das vom Dunkel der Nacht geschluckt wird, auch Oberons Strahlen weicht der Dunkelheit.
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Titanias Verwandlung |
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Der verwandelte Oberon |
Im Volk der kleinen Leute beginnt ein Summen und Raunen, das immer mehr anschwillt und schließlich wie zu Donnergrollen oder dem Rauschen großer Wasserfälle anschwillt . Das seltsame Leuchten erlischt, Nebel verhüllt den verborgensten Winkel der Erde, nur Junker Reif betritt den Rasengrund und überhaucht alles mit seinem eisigen Atem. Der Mond verbirgt sich hinter einem Wolkenvorhang, so dass ein schwarzes Tuch sich über See, Wald und Wiese gebreitet hat.
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Zwei Sonnen |
Der junge Morgen sieht zu seinem Erstaunen zwei Sonnen, es scheint, als ob eine sich auf Wanderschaft begibt, sie zieht über den Himmel und nähert sich dem altbekannten Gestirn unseres Sonnensystems – plötzlich sind beide Schwestersonnen miteinander vereint, das Wirken der verborgenen Sonne beginnt. Nur wenige Menschen haben dieses Phänomen gesehen und nur wenige wissen, was es bedeutet.
Hast du sie gesehen, die schwarze Schwester der Sonne?
Tief im Wald rieselt eine Quelle an einem verborgenen Ort,
wer aus ihr trinkt, dessen Augen werden licht und froh
und er vermag anderen zu helfen.
Die Quelle aber heißt Liebe.
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Aus der rechten Quelle schöpfen |
Bildquellen bzw. animierte Gifs, soweit nicht anders bezeichnet, von http://www.animated-gifs.eu, gif-paradies, gifmania, 1,2,3 gifs
Text: Elke Gelzleichter, Nov. 2011
Montag, 7. November 2011
Mary Poppins fährt Bus.
Im Zauber eines kurzen Jahres
Sie hätte mit dem Auto zur Dienststelle fahren können, sie besaß einen Führerschein. Aber sie liebte es, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen, sie lassen es ihrer Meinung nach zu, dass die Menschen aus den Stereotypen des Alltags hinausfallen. Jeden Morgen vielleicht die gleichen Gesichter, aber jeder Morgen zeigt ein anderes Gesicht, am ausgeprägtesten in den Mienen der Menschen: Bekanntschaften wurden geknüpft, kleine Gespräche geführt, und der Tag begann mit einem Lächeln.
Viele Jugendliche stiegen an den Haltestellen zu, blieben meistens an Bord bis zur Endstation. Sie blickte oft wie unbeteiligt und verschlossen aus dem Fenster, jedoch die Ohren waren nicht verschlossen, oft war die Hilflosigkeit in der kleinen Gruppe, die sich jeden Morgen einfand, nicht zu überhören; denn ein Rest von Hausaufgaben war immer noch zu erledigen, niemand zu Hause erübrigte offenbar Zeit für die Fragen eines Kindes.
Sie fand, dass es an der Zeit war, sich einzumischen, sie gab Ratschläge, die dankbar angenommen wurden, erteilte gelegentlich eine Art Deutschunterricht, indem sie half, Sätze zu formulieren, andere Ausdrucksweisen anzubieten, gewürzt mit kleinen Andekdoten aus der eigenen Schulzeit und gelegentlichen Scherzen. Heiterkeit breitete sich aus: Der Busfahrer genoss es, keine streitenden Jugendlichen, kein Gegröhle. Und auch ihr gerieten die morgendlichen Fahrten meistens zu kurz. Lustig war es in der kleinen Gesellschaft, oft brach sie selbst in perlendes Lachen aus... Es blieb nicht aus, dass der Tag kam, an dem man ihren Vornamen wissen wollte. Sie nannte ihn und fragte nach dem Grund: „Weil es schade ist, dass du nicht unsere Lehrerin bist“, ein wunderbares Kompliment, das aber gleich noch eine Steigerung erfuhr: „Manchmal kommt es uns vor, dass du Mary Poppins bist und wir warten darauf, dass du hochfliegst, wenn du lachst!“
Gifs: Gifmania
Text Elke Gelzleichter, Nov. 2011
Sie war erschüttert, sie gab doch wenig, aber zugleich erschien es dieser Gruppe jugendlicher Mädchen wie ein Gruß aus einem Märchenreich... wie bestürzend.
Es blieb noch ein zauberhafter Sommer. Mary Poppins fuhr Bus, gab Rat und lachte in dieser Gruppe heranwachsender junger Damen, die sie in alle ihre Fragen einbezogen - Freunde, Familie und Schule – bis zum Herbst.
Das Schuljahr war zu Ende, auch für die Mädchengruppe – sie zerstreute sich: Einige begannen eine Lehre, andere wechselten auf eine andere Schule.
Der Zauber, im Rückblick einem Gemälde in Pastellfarben ähnelnd, war verflogen.
Aber dennoch war etwas geblieben: Manches Mal, wenn die Art ihres Lachens andere stört, sagt sie: Lacht lieber mit, es gab eine Zeit, da hat man mich deshalb für Mary Poppins gehalten.
Gifs: Gifmania
Text Elke Gelzleichter, Nov. 2011
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