Dienstag, 7. Februar 2012

Komm unter meine Decke – eine Fledermausgeschichte

Über 200 Jahre war es alt, das Haus, in dem ich damals wohnte,
in dem sich viele merkwürdige Dinge ereigneten,
in dem es vielleicht sogar spukte...

Aber die merkwürdigste Begebenheit ereignete sich in einer Oktobernacht vor vielen, vielen Jahren:

Als die Herbststürme in den Nächten begannen, über das Land zu brausen, schaltete der Wald hinter dem alten Ort auf den Hügeln seine Orgel ein.  Wie liebte ich es, mit diesen gewaltigen Melodien einzuschlafen, das Fenster geöffnet, vor dem sich die Gardinen blähten. Mondlicht wanderte den Wänden und den weiß gelackten Türen des Schrankes entlang und spielte mit den bizarren Schattenrissen der Gartenbäume. Ein Kaleidoskop bewegter Bilder, in das Märchenland der Fantasie und der Träume geleitend.

Im Reich der Träume spürte ich ein zartes Streicheln der Wirbelsäule entlang; denn unter meiner warmen Decke bedurfte ich keiner Bekleidung, zarte Berührungen stiegen den Rücken hinauf und hinab. Zunächst verstand ich dies als Zärtlichkeiten meines Mannes, doch er lag abgewandt mit dem Rücken zu mir....Rätsel? Was war die Ursache dieser Berührungen unter der Decke? Das etwas stieg jetzt weiter den Rücken hinauf gelangte ins Genick...Was war das?


Bartfledermaus

Nun war ich vollends aufgeschreckt ...es kroch weiter hinauf ....war in den Haaren...ich fühlte danach...etwas Weiches, Wolliges ...ein Vogel? Der Versuch, das Etwas aus den Haaren zu nehmen scheiterte...es schien tiefer  hineinzukriechen....etwa eine Maus....aber doch nicht in meinen Haaren...immer noch das Weiche, Wollige, Krabbelnde in meinen Haaren...ein Grauen...das war zuviel...

Mit schrecklichen Schreien sprang ich aus dem Bett, die Haare raufend...Mein Mann fuhr ebenfalls voller Schrecken auf,  das Licht einschaltend...

Auch das Etwas in meinen Haaren war erschrocken, der Platz in meinen Haaren gefiel ihm nicht mehr, es flog mit einem hohen Ton durch das geöffnete Fenster in die Nacht...
Eine fliegende Maus?...eine Fledermaus!

Man weiß von vielerlei Möglichkeiten, die sich Fledermäuse für ein Winterquartier aussuchen: Dachböden alter Häuser, Mauerspalten, Kirchen.  Der Versuch der Usurpation eines Bettes dürfte dabei aber einmalig sein!





Text: Elke Gelzleichter Febrzar 2012

4 Kommentare:

  1. Eine herrliche Geschichte. So richtig zum schmunzeln <3

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    1. Liebe/r Anonymus,

      ganz lieben Dank für diesen freundlichen Kommentar.

      Lb. Gruß
      E. Gelzleichter

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  2. Liebe Elke!
    Nicht nur vom Inhalt eine gelungene Geschichte, sondern auch von der Sprache her. Der erste Teil ist geprägt durch das Wunderbare der Natur. Der Leser gerät unwillkürlich in eine Stimmung, in der er ausrufen möchte, wie schön die Welt doch ist. Der Bruch der Sprache ist dort, wo die Erkenntnis steht, dass es nicht die zärtlichen Hände des Mannes sind, die die wohligen Gefühle hervorrufen.
    Etwas, was für Dich kennzeichnend zu sein scheint und was mir gefällt, ist das Fehlen jeglicher Feindlichkeit gegenüber dem ungebetenen Gast. Das war in der Geschichte mit den Ratten und Mäusen, als Du dich mit einer bestimmten Ratte verbal auseinandergesetzt hast. Es entspricht dem Gebot: Habe angemessene Achtung vor dem Andersartigen!
    Danke, Elke, das ist eine in jeder Beziehung gelungene Geschichte!
    Ganz liebe Grüße
    Wolf-Gero

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  3. Lieber Wolf-Gero,

    die Freude ist ganz meinerseits. Es ist mir ein Vergnügen, wenn andere durch meine Geschichten Freude haben. Danke für diesen lieben Kommentar.

    Alles Liebe
    Elke

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